Die Liebe zum Sport und zum Verein kann weite Teile des Lebens beeinflussen. Umso stärker werden Bedrohungen für diese Leidenschaft wahrgenommen und beeinträchtigen den Einzelnen ganz erheblich. Die entscheidenden Weichen werden meist bereits im strafrechtlichen Verfahren gestellt. Hier entscheidet sich, wie stark die Rechte der einzelnen Fans betroffen sind.
Es ist daher geboten, sich so früh wie möglich einen kompetenten Rechtsanwalt an die Seite zu holen. Zunächst kann durch die Verteidigung Akteneinsicht beantragt werden. Erst nach Kenntnis der Aktenlage kann eine effektive Verteidigungsstrategie erarbeitet und beispielsweise entschieden werden, ob und in welcher Weise Angaben getätigt werden sollen.
Neben den Strafverfahren gilt es, auch die sich anschließenden verwaltungsrechtlichen oder zivilrechtlichen Folgen im Blick zu behalten. Ich bearbeite als Rechtsanwalt daher nicht nur Mandate aus dem Strafrecht, sondern berate und vertrete umfassend bei Angelegenheiten wie Stadionverboten, Verbandsstrafen, Meldeauflagen oder Aufenthaltsverboten. In diesen Fällen werde ich bundesweit auch vor den Verwaltungsgerichten oder in Zivilverfahren tätig.
"Gewalttäter Sport" – wer ist das?
In Nordrhein-Westfalen wird für alle Polizeibehörden zentral die „Datei Gewalttäter Sport“ geführt. In diese Datenbank können alle Polizeibehörden Informationen einpflegen oder auslesen. Einer Eintragung muss dabei nicht zwangsläufig ein Verfahren oder eine Verurteilung wegen einer Gewalttat zugrunde liegen. Vielmehr kann eine Eintragung als „Gewalttäter Sport“ schon wegen einer Personenkontrolle oder auch wegen einer Sachbeschädigung erfolgen.
Betroffene werden dabei nicht automatisch über eine Eintragung informiert. Meist wird dies erst bekannt, wenn Stadionverbote ausgesprochen oder Gefährderansprachen durch die Polizei geführt werden. Auch wenn Tickets für sportliche Großereignisse gebucht werden sollen, kann eine Eintragung den Erwerb verhindern.
Da es sich um eine verwaltungsrechtliche Datenbank handelt, gilt hier die Unschuldsvermutung nicht. Dennoch besteht die Möglichkeit, sich nach einer Eintragung zu erkundigen und gegebenenfalls gegen diese vorzugehen.
Pyrotechnik – unter wachsamen Augen
Das Zünden von Pyrotechnik als Teil der eindrucksvollen Choreo ist vom Spieltag nur schwer wegzudenken. Wenn das ganze Stadion auf die Tribüne blickt, sind die Videokameras der Polizei gleichfalls auf die Fans gerichtet. Es kommt in der Folge regelmäßig zu Strafverfahren oder Ordnungswidrigkeitsverfahren beispielsweise wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz. Auch die Stadionverbotsrichtlinie des DFB enthält Regelungen zum Umgang mit Fans, die Pyrotechnik abbrennen. Selbst die Verwendung von zugelassener Pyrotechnik, die ganzjährig frei erworben und abgebrannt werden kann, kann dann erhebliche Folgen nach sich ziehen.
Polizei und Staatsanwaltschaft gehen regelmäßig davon aus, dass Verletzungen anderer durch den Rauch oder die Hitze „billigend in Kauf genommen werden“ und bewerten die Aktionen vielfach als versuchte gefährliche Körperverletzung. Am Ende eines solchen Verfahrens kann schlimmstenfalls eine Haftstrafe stehen.
Gleiches gilt für den Vorwurf der schweren Gefährdung durch Freisetzung von Giften nach § 330a StGB oder des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 StGB. Die Ermittlungsbehörden gehen solchen Vorwürfen mit erheblichem Aufwand nach.
Verbannt – die Rechnung kommt später…
Stadionverbote sind zivilrechtliche Problemstellungen und betreffen das Verhältnis vom Fan zum Verein oder Verband. Die Berechtigung hierzu leiten die Vereine aus dem allgemeinen Hausrecht her. Die entsprechenden Regeln sind nicht nur im BGB, sondern auch in der Stadionverbotsrichtlinie des DFB niedergelegt. In dieser Richtlinie haben sich die Vereine und der DFB gegenseitig das Recht zugesichert, gegen einzelne Personen Stadionverbote auszusprechen. Ein solches Stadionverbot muss daher nicht auf einen Verein beschränkt sein, sondern auch überörtliche und sogar bundesweite Stadionverbote sind möglich und werden immer wieder ausgesprochen.
Die Stadionverbotsrichtlinie setzt grade keine Verurteilung voraus, sondern der bloße Anfangsverdacht und die Einleitung eines Strafverfahrens reichen aus, um einzelne Fans für bis zu fünf Jahre aus den Stadien zu verbannen. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu entschieden, dass die Betroffenen vor dem Ausspruch des Stadionverbots zwingend anzuhören sind. Es sollte jedoch gut überlegt sein, ob und inwiefern hier ein eigener Vortrag erfolgt: Die entsprechenden Angaben werden nicht selten an Polizei und Staatsanwaltschaft weitergegeben und dann im Strafverfahren als Beweis genutzt – ohne, dass ein Stadionverbot verhindert wird.
Dabei ist grade das Strafverfahren der wesentliche Faktor: Bei einem Freispruch oder einer Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO ist das Stadionverbot zwingend aufzuheben. Wird das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO eingestellt, sind das Bestehen und die Dauer des Stadionverbots erneut zu prüfen. Sollte eine solche Opportunitätsentscheidung nur gegen eine Auflage nach § 153a StPO vorgenommen werden, ist zumindest die Dauer des Stadionverbots erneut zu überprüfen. Außergerichtlich besteht zumeist wenig Bereitschaft, ein Stadionverbot zurückzunehmen. Es ist dann erforderlich, den Verein oder Verband vor einem Zivilgericht zur Aufhebung zu zwingen.
Hinzu kommen die neuen Regelungen zu den Verbandsstrafen. Diese werden vom Verband gegenüber dem betroffenen Verein für das Verhalten der eigenen oder der Gästefans ausgesprochen. Die Vereine treten dann an die Fans heran, die sie zu identifizieren glauben und verlangen Schadensersatz in Höhe der gezahlten Verbandsstrafe. Dabei setzen die Verbände mittlerweile sogar entsprechende Anreize, indem sie den Vereinen Teile der Sanktion erlassen, wenn Einzelpersonen als angebliche Verursacher belangt werden. Diese Praxis der Weitergabe der Geldstrafen ist hoch umstritten und bislang nur selten durchgesetzt worden. Die hohen Summen können jedoch für einzelne Fans durchaus existenzbedrohend sein. Auf die Nachsicht der Vereine darf nicht vertraut werden.
Ist dabei ein Urteil eines Strafgerichts ergangen, ist eine Verteidigung gegen die Ansprüche des Vereins oft ganz erheblich eingeschränkt.