Einer der wichtigsten Grundsätze im Strafverfahren lautet „nemo tenetur se ipsum accusare“. Das Gebot sagt aus, dass niemand dazu verpflichtet ist, sich selbst zu belasten – eine Pflicht an der eigenen Strafverfolgung mitzuwirken gibt es nicht. Das betrifft auch die Herausgabe von Passwörtern, PIN-Nummern und ähnlichem. Dies ist besonders bedeutsam, weil die weit überwiegende Zahl der Menschen mittlerweile Smartphones und Computer nutzt und die digitalen Endgeräte aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken sind.

Das Schweigen und das „Nicht-Mithelfen“ muss auch nicht erklärt werden. Es genügt, sich auf das eigene Recht zu berufen. Gleichfalls muss auch nicht aktiv am Entsperren eines technischen Gerätes wie z.B. dem Smartphone mitgewirkt werden. Es ist lediglich untersagt, sich gegen die Maßnahmen der Polizei körperlich zu wehren. Anderenfalls kommt es schnell zu einem weiteren Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB.

Beschlagnahme?

Eine entsprechende Zwangsmaßnahme, die Beschuldigte zu dulden haben, ist die Beschlagnahme des Geräts. Im Anschluss kann das Gerät durchsucht und die darauf befindlichen Daten ausgewertet werden. Da die allermeisten Nutzer ihr Gerät gesperrt haben, sehen sich die Ermittlungsbehörden einem erheblichen Hindernis gegenüber.- je moderner das Endgerät, desto aufwendiger und schwieriger ist die „Öffnung“. Wenn Smartphones oder ein anderes Gerät besonders gesichert sind, kann eine Durchsuchung auch gänzlich unmöglich sein.

Hinweis: Es ist schon überaus nützlich, wenn keine allzu einfache PIN (wie etwa das eigene Geburtsdatum) verwendet wird.

Niemals sollten sich Beschuldigte durch Ermittlungspersonen in die Irre führen und von der Selbstbelastungsfreiheit ablenken lassen. Es sollte keine Unterschrift auf einem Sicherstellungsbogen oder ähnlichem geleistet werden. Stattdessen sollte sowohl der Beschlagnahme wie auch der Durchsuchung widersprochen werden. Die Beamten versuchen regelmäßig, durch freundliches Auftreten eine Mitwirkung zu erreichen. Höflichkeit und Freundlichkeit sind zwar beachtenswerte Tugenden, sollten aber nicht dazu führen, dass eigene Rechte aufgegeben werden. Im Zweifelsfall sollten Sie sofort und noch während der Maßnahme Kontakt zu Ihrem Verteidiger aufnehmen. Sie erreichen mich jederzeit über die Kontaktmöglichkeiten.

Hochproblematisch ist das Entsperren des Smartphones durch Auflegen eines Fingers oder die Gesichtserkennung. Auch wenn Beschuldigte grade keine Pflicht dazu trifft, den Finger aufzulegen oder mit geöffneten Augen auf das Display zu schauen, wurde die Nutzung von bereits abgenommenen Fingerabdrücken von der Rechtsprechung im Einzelfall bereits als zulässig erachtet. Ausdrückliche Regelungen zur Verschlüsselung mit biometrischen Merkmalen enthält die Strafprozessordnung nicht. Teilweise wenden die Ermittlungsbehörden Regelung des § 81b StPO an. Nach dieser Befugnisnorm dürfen, soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden. Bei verständiger Würdigung darf der Zwang, auf das Smartphone zu blicken, jedoch nicht hierunter subsumiert werden. Entsprechende Maßnahmen wären demnach rechtswidrig und die so gewonnenen Beweismittel angreifbar. Abschließend geklärt ist dies noch nicht. Sollten Sie mit solchem Vorgehen konfrontiert sein, nehmen Sie unverzüglich Kontakt zu einem spezialisierten Rechtsanwalt für Strafrecht auf.

Es kann daher durchaus sinnvoll sein, auch wenn dies im Alltag etwas lästiger ist, das eigene Smartphone ausschließlich mit einer PIN zu sichern, um den Ermittlungsbehörden den Zugriff zu erschweren. Vorsorge ist besser als Nachsorge.

Durchsuchung, Spiegelung, Auswertung?

In Hamburg werden die Endgeräte meist an einen privaten Dienstleister übergeben, der angibt, über bessere technische Möglichkeiten zu verfügen, als die Ermittlungsbehörden. Grade bei neueren Geräten stößt jedoch selbst dieser an seine Grenzen. So ist es durchaus möglich, dass die Auswertung eines Gerätes ganz unmöglich ist oder nur in mehreren Jahren erfolgen kann.

Selbst wenn eine Auswertung naheliegt kann es sinnvoll sein, sich selbst in eine bessere Verhandlungsposition zu bringen, indem vor Ende der Auswertung eine Einlassung verfasst oder auf die Behörden zugegangen wird. Jedenfalls verschafft ein gesperrtes Endgerät regelmäßig Zeit, sich auf das Verfahren einzustellen, Akteneinsicht zu nehmen und dann mit kühlem Kopf zu reagieren. Ein spezialisierter Rechtsanwalt für Strafrecht kann in dieser gewonnenen Zeit das Verfahren in die bestmögliche Richtung lenken. Nehmen Sie daher jederzeit Kontakt zu mir auf.