Nach langen Diskussionen kommt es nun doch: Das Cannabisgesetz. Wird es jetzt für den Strafverteidiger im Betäubungsmittelstrafrecht leichter oder fällt gar ein großer Teil der Mandate weg? Ja und nein.
Das neue Gesetz sollte auch zu einer Vereinfachung der Rechtslage führen. Das ist leider nur bedingt der Fall, da sich aus den neuen Regelungen auch neue Probleme ergeben. Aus dem gewählten Mittelweg zwischen dem bisherigen Verbot und der vollständigen Legalisierung entstehen ganz eigene Probleme. Entkriminalisierung des Cannabiskonsums ist längst überfällig und ein richtiger Schritt. Welche Dinge weiterhin zu beachten sind, soll dieser Beitrag klären:
Die Neuregelungen im Cannabisgesetz
Im BtMG werden viele Vorschriften gestrichen, die sich auf Cannabis beziehen und zukünftig im KCanG und MedCanG aufgeführt sind. Allem voran fallen die Regelungen zu Nutzhanf aus §§ 19 Abs. 2a, Abs. 3, § 24a und § 32 Abs. 1 Nr. 13 BtMG weg und werden durch die §§ 31, 32 KCanG ersetzt. Außerdem werden die Teile aus den Anlagen I bis III zu § 1 Abs. 1 BtMG, welche sich auf Cannabis und seine Erzeugnisse beziehen, gestrichen. Die zentrale Regelung des neuen Gesetzes ist zunächst § 3 Cannasbisgesetz (CanG).
Cannabis ist damit kein Betäubungsmittel i.S.d. BtMG mehr. Die Verschreibung von Cannabis zu medizinischen Zwecken regelt nun das MedCanG, wonach die Verschreibung mittels regulären Rezepts ermöglicht wird, § 3 MedCanG.
Der Privatanbau
Die Neuregelung im Cannabisgesetz ermöglicht den legalen Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene. In engen Grenzen ist der private Eigenanbau, der gemeinschaftliche nichtgewerbliche Eigenanbau und die kontrollierte Weitergabe von Cannabis durch Anbauvereinigungen nun zulässig. So soll ein verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis erleichtert werden.
Erlaubt ist künftig der Besitz von bis zu 25 Gramm getrockneten Pflanzenmaterials zum Eigenkonsum, die auch im öffentlichen Raum mit sich geführt werden dürfen. In der privaten Wohnung darf bis zu 50 Gramm aufbewahrt werden. Die Regierung hat die zulässige Anzahl im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf von 25 Gramm auf 50 Gramm erhöht, um Praxisnah sicherzustellen, dass durch die drei Pflanzen nicht mehr Cannabis als zulässig gewonnen wird.
Erlaubt wird nämlich nach langer Diskussion auch der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum. Geerntet werden darf nur zum Eigenkonsum und nicht zur (auch unentgeltlichen) Weitergabe an andere. Pflanzen und Erzeugnisse müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden, dies wird beispielsweise mit abschließbaren Schränken oder Räumen ausreichend getan.
Anbauvereine
§ 3 CanG gestattet auch den Anbau und die Verteilung von Cannabis in sogenannten Anbauvereinen. Insbesondere die Regularien zu diesen Vereinen sind teilweise undurchsichtig und praktisch nur schwer umsetzbar. Die nicht sonderlich durchschaubaren Vorschriften zur Erlaubnis (§ 11 CanG), deren Versagung (§12 CanG) und zum Inhalt der Erlaubnis (§13 CanG) bedeuten für Mitglieder dieser Anbauvereine erhebliche Risiken und werden auch weiterhin den Bedarf für spezialisierte Strafverteidigung mit Bezug zum Cannabis sichern.
Für die Anbauvereine sind maximal 500 Mitglieder zugelassen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben müssen und nur in einem Anbauverein Mitglied sein dürfen. An Mitglieder dürfen künftig maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm Cannabis pro Monat ausgegeben werden. Heranwachsende, also junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren, dürfen 30 Gramm pro Monat mit maximal 10 % THC-Gehalt erhalten. Das verteilte Cannabis darf als Haschisch oder Marihuana nur in kontrollierter Qualität und in Reinform, also nicht vermischt, weitergegeben werden.
Das Gesetz sieht außerdem Schutzzonen von 100 Metern um Anbauvereine, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätze und öffentlich zugängliche Sportstätten vor. Dort ist der Konsum von Cannabis verboten. Nach § 5 CanG ist der Konsum von Cannabis außerdem in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen verboten.
Be- oder Entlastung der Justiz?
Die im CanG verankerte Amnestieregelung, so wird teilweise behauptet, würde die Justiz lahmlegen. Die Regelung enthalten in Art. 316p EGStGB-E, bestimmt, dass Art. 313 EGStGB entsprechend Anwendung findet. Dies hat zur Folge, dass rechtskräftig verhängte Strafen nach dem BtMG wegen solcher Taten, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar und auch nicht mit Geldbuße bedroht sind, mit Inkrafttreten des neuen Rechts erlassen werden, soweit die Strafe noch nicht vollstreckt sind.
Art. 313 Abs. 1 S. 2 EGStGB besagt, dass sich der Straferlass auch auf Nebenstrafen und Nebenfolgen erstreckt. Ausgenommen sind allerdings Entscheidungen zur Einziehung, Unbrauchbarmachung sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung, Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel im Sinne des JGG. Damit wird eine Jugendstrafe nach der Amnestieregelung erlassen, der Jugendarrest als Zuchtmittel bleibt dagegen, wie sich mit Blick auf § 13 Abs. 3 JGG ergibt. Das ist schwer verständlich. Wenn Sie sich nicht darüber im Klaren sind, ob Sie von dieser Regelung betroffen sind, können Sie gerne Kontakt zu mir aufnehmen.
Wenn die Verurteilung wegen einer Handlung, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar ist und zugleich wegen einer anderen Straftat erfolgt ist, ist die Strafe neu festzusetzen oder zu verringern, Art. 313 Abs. 3 und Abs. 4 EGStGB.
Von den Justizministerien der Länder war behauptet worden, dass die Amnestieregelung die Behörden überlasten würde. Bisher ist dies ausgeblieben. Ein Argument gegen die Regelung kann dies ohnehin nicht sein: Warum sollten wir Menschen weiterhin bestrafen, nur weil dies Verwaltungsaufwand spart? Dies widerspricht jedem Anspruch an einen Rechtsstaat und wäre ein Argument gegen alle Beschuldigtenrecht.
Die Durchsetzung des Cannabis-Gesetzes
Es bleibt abzuwarten, wie die Polizei künftig die Schutzzonen kontrolliert und wie sich die Mengengrenzen überwachen lassen. Hier wird ein Bürokratiemonster und enormer Aufwand der Behörden befürchtet. Der ehemalige Bundesrichter Dr. Thomas Fischer weißt jedoch zurecht darauf hin, dass es gleich viel Aufwand bedeutet, zu kontrollieren ob vier statt drei Pflanzen in einer Wohnung stehen, wie die Kontrolle, ob dort eine Pflanze zu finden ist.
Aktuell erwägt das Verkehrsministerium, analog zur Regelung für Alkohol, wie ein THC-Grenzwert für Cannabis am Steuer anders festgesetzt werden könnte. Anders als bei § 316 StGB reicht nach § 24a Abs. 2 StVG bisher aus, wenn ein Fahrzeugführer mit einer THC-Konzentration ab 1,0 ng/ml ein Fahrzeug im Straßenverkehr führt, Ausfallerscheinungen sind nicht notwendig. Diese Grenze soll auf einen Wert von 3,5 ng/l angehoben werden – was in den Beeinträchtigungen ungefähr einem Alkoholwert von 0,2 ‰ entspricht. Auch sind regionale Modellvorhaben für die kommerzielle Weitergabe vorgesehen. Das Bundesministerium für Gesundheit hat hierzu bereits die ersten Schritte eingeleitet. Der Gesetzesentwurf wird voraussichtlich der Europäischen Kommission zur Prüfung vorgelegt werden.
Fazit
Auch wenn die Zahl der Strafverfahren zurückgehen wird, verbleiben vielfach Strafbarkeitsrisiken und ein weiterer Bedarf an spezialisierter Strafverteidigung bleibt weiterhin hoch. Auch das CanG selbst normiert in § 34 eigene Straftatbestände, die sich auf den Umgang mit Cannabis außerhalb des als zulässigen Rahmens beziehen. Erwachsene, die bis zu 30 Gramm Cannabis mit sich führen oder bis zu 60 Gramm in ihrer Wohnung besitzen begehen eine Ordnungswidrigkeit – alles darüber hinaus bedeutet eine Straftat. Sollten Sie mit einem Strafverfahren konfrontiert und einer unerlaubten Handlung mit Bezug zu Cannabis oder einem Betäubungsmittel beschuldigt werden, stehe ich Ihnen jederzeit als Ihr Verteidiger zur Verfügung. Haben Sie keine Scheu, Kontakt aufzunehmen!